- Inklusive Bildung
Der jährliche Schulanfang ist für viele Kinder in Europa etwas Schönes und völlig Normales. In vielen, ärmeren Teilen der Welt bedeutet Schule besonders eines: viele Kosten und Sorgen. So auch in Burkina Faso. Aber es gibt auch schon Fortschritte, wie Geschichten aus dem Südsudan zeigen.
Die Sommerferien sind vorbei, der Herbst ist da und für Millionen Kinder weltweit klingelt wieder die Schulglocke. Der Gang in die Schule und der freie Zugang zu Bildung ist hierzulande etwas so Selbstverständliches wie das tägliche Zähneputzen. Es wird sich um alles gekümmert, die Kinder können sich voll und ganz aufs Lernen und ihre Hausaufgaben konzentrieren – mal mit mehr, mal mit weniger Begeisterung.
Wie gestaltet sich der Schulbeginn in Afrika? Wir richten unseren Blick heute auf die andere Seite der Medaille und blicken nach Burkina Faso und in den Südsudan.
Kosten & Hürden in Burkina Faso
Im circa 4.300 Kilometer Luftlinie entfernten afrikanischen Staat Burkina Faso ist das neue Schuljahr in mit vielen Sorgen und Unsicherheiten verbunden. So zum Beispiel auch bei den Familien der Kinder an einer öffentlichen Schule in Tarfila in der Region Cascades.
Denn diese müssen nicht nur Stifte und Hefte selbst finanzieren, sondern zusätzlich Schulgebühren entrichten – was an öffentlichen Schulen in der Schweiz unvorstellbar wäre. Dieses Geld wird beispielsweise verwendet für
- dringend nötige Reparaturen,
- Lehrmaterialien oder
- den Erhalt der Gebäude.
Der Schulleiter Lazar Kam Ollé weiss um die Belastung für die Eltern, sieht aber keine Alternative.
„Wenn man sieht, was die Verwaltung alles benötigt, wird klar: Ohne Geld läuft nichts. Deshalb leisten die Familien der Kinder einen finanziellen Beitrag.“
Schulleiter Lazar Kam Ollé
Auch für das Mittagessen in der Schule gibt es keine Garantie. Bleibt die Schulkantine geschlossen, werden die Kinder zum Essen nach Hause geschickt. Dort wartet aber auch nicht immer Essen auf sie, weshalb manche von ihnen hungrig in den Nachmittagsunterricht zurückkehren. Diese und viele weitere Steine werden Kindern in den ärmsten Regionen der Welt in den Weg gelegt.
Lernen ist ein steiniger Weg
Offiziell gilt nicht nur in der Schweiz eine Schulpflicht. Auch in Burkina Faso und anderen afrikanischen Staaten ist das der Fall. Doch während in der Schweiz kaum ein Kind aussen vor bleibt, besucht in Afrika südlich der Sahara jedes fünfte Kind im Volksschulalter gar keine Schule.
Besonders tragisch: 15 Prozent davon sind Kinder mit Behinderungen. Finanzielle Hürden, fehlende Infrastruktur und gesellschaftliche Barrieren machen Bildung für viele unerreichbar.
Was für Schweizer Kinder also Alltag ist, bleibt für Millionen Kinder in anderen Teilen der Welt weiterhin ein Traum: Die Chance auf eine gute Zukunft mit Bildung für alle.
Inklusive Bildung wirkt: Erfolgsgeschichten aus dem Südsudan
Licht für die Welt setzt sich neben Augengesundheit auch für inklusive Bildung in den Regionen Afrikas ein, in denen Hilfe und ein Systemwandel am dringendsten benötigt werden.
Inklusive Bildung bedeutet, dass…
…Kinder mit und ohne Behinderungen gemeinsam im selben öffentlichen Schulsystem unterrichtet werden. Möglich wird das, indem jedes Kind die individuelle Unterstützung bekommt, die es braucht, um im gemeinsamen Klassenzimmer zu lernen.
Nicht nur Schüler*innen mit Behinderungen profitieren von inklusiver Bildung, sondern die gesamte Gesellschaft: Inklusive Schulen erzielen bessere Ergebnisse und sind in vielen Situationen kostengünstiger als Sonderschulmodelle. Ausserdem bauen sie Berührungsängste und Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderungen ab.
Das zeigt auch folgende Geschichte aus dem Südsudan: Die 14-jährige Elizabeth Nyibol Alith hatte lange Zeit Angst vor Schüler*innen mit Behinderungen und ging ihnen aus dem Weg. Nachdem sie einen Gebärdensprachkurs und ein Training zu Inklusion an ihrer Schule besucht hatte, änderte sich ihre Einstellung grundlegend.
„Früher habe ich mich nicht getraut, mit den gehörlosen oder sehbehinderten Kindern zu sprechen. Dank des Gebärdensprachtrainings fällt mir das nun viel leichter.“
Elizabeth Nyibol Alith, Schülerin
Damit inklusive Schulen Realität werden können, müssen besonders die Lehrkräfte entsprechend geschult werden. „Es besteht ein dringender Bedarf an qualifizierten Lehrkräften für inklusiven Unterricht, um Kinder mit Behinderungen zu fördern“, erklärt Sophia Mohammed, Länderdirektorin von Licht für die Welt Südsudan.

Licht für die Welt unterstützt Einrichtungen zur Lehrerausbildung darin, qualitativ hochwertige inklusive Ausbildungen anzubieten und Lehrerinnen so zu schulen, dass sie die Bedürfnisse aller Lernenden, einschliesslich derer mit Behinderungen, erfüllen können.
Dem 31-jährigen Volksschullehrer Alex Omwony aus dem Südsudan fehlten beispielsweise Kenntnisse in Gebärdensprache und Braille, obwohl er einige Schülerinnen mit Hör- und Sehbehinderungen unterrichtet. Um mit schwerhörigen Kindern zu kommunizieren, schrieb er alles auf ein Blatt Papier, auf dem diese ihm schriftlich antworteten. Doch diese Art der Verständigung war sehr mühsam und für Kinder mit Sehbehinderungen nicht hilfreich. Dank einer umfangreichen Fortbildung in Braille und Gebärdensprache kann er künftig besser auf seine Schülerinnen und Schüler eingehen: „Ich freue mich darauf, meine neuen Fähigkeiten in Braille und Gebärdensprache beim Unterrichten anzuwenden.“
Die Geschichten aus unseren Projektländern zeigen, dass schon viel Gutes getan wird. Aber es gibt noch viel zu tun, damit alle Kinder weltweit – ob mit oder ohne Behinderungen – die Schule besuchen und freudig in die Zukunft blicken können. Also: Packen wir es an!